Sehenswürdigkeiten jüdischer Kultur 


Judenhof Speyer
Der Judenhof Speyer war der zentrale Bezirk des mittelalterlichen jüdischen Viertels von Speyer und bestand aus der Synagoge samt Frauenschule, Synagogenhof und Jeschiwa (Hochschule) sowie der in Mitteleuropa ältesten erhaltenen Mikwe, dem rituellen Tauchbad der Juden. Synagoge und Mikwe wurden um 1100 errichtet. 


SchUM-Stätten

Die jüdischen Gemeinden der Städte Speyer, Worms und Mainz bildeten im Mittelalter einen Bund, der unter dem Namen SchUM bekannt wurde. Der Begriff setzt sich aus den hebräischen Anfangsbuchstaben der Städte zusammen. In den SchUM-Stätten spiegelt sich die jahrhundertelange Tradition des aschkenasischen Judentums. Im Mittelalter war SchUM sowohl in architektonischer als auch in religiöser Hinsicht maßgebend. Die Monumente sind bis heute erhalten und größtenteils für Interessierte zugänglich. Seit Juli 2021 sind die SchUM-Stätten offiziell in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen worden. 

  • Judenhof

    Judenhof Speyer
    Der Speyerer Judenhof. 

    In unmittelbarer Nähe zum Dom befindet sich der Judenhof – einst der Mittelpunkt der zweiten jüdischen Ansiedlung in Speyer und Ort des religiösen und geistigen Austauschs. In den SchUM-Städten lebten Gelehrte, die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt waren. Speyer erlangte im 12. Jahrhundert einen besonderen Ruf als Studienort und eine Gruppe Intellektueller ging als die Weisen von Speyer in die Geschichte ein.

    Im Judenhof befinden sich heute die Überreste der 1104 geweihten mittelalterlichen Synagoge mit angrenzender Frauenschul sowie ein Ritualbad. Im benachbarten Haus wurde das  Museum Schpira eingerichtet.  

  • Museum SchPira 

    Das didaktisch gut aufbereitete Museum vermittelt den Besuchern mit Hilfe seiner archäologischen Exponate und Texttafeln einen Einblick in das kultisch-rituelle Leben der Speyerer Juden (Synagoge, Ritualbad und Friedhof). 

    Judenhof Speyer
     Rundbogenfenster aus der ehemaligen Synagoge im Museum SchPIRA.

    Während von Synagoge und Mikwe noch Überreste erhalten sind und im Original besichtigt werden können, gibt es den Friedhof und die Wohnhäuser nicht mehr. Die mittelalterlichen Gebäude der „Alten Judengasse“ (heute Kleine Pfaffengasse) wurden beim großen Stadtbrand 1689 zerstört; an ihrer Stelle entstand im 18. Jahrhundert eine neue Wohnbebauung.

    Um das Museum SchPIRA einzurichten, stellten das Historische Museum der Pfalz und das Landesamt für Denkmalpflege Dauerleihgaben der Judaica-Sammlung zur Verfügung. Zu sehen sind unter anderem Rundbogenfenster und Kapitelle sowie Grabsteine, Münzen und Bodenfliesen. 

    Derzeit werden beim Museum „SchPIRA“ weitere Angebote entwickelt: Neben einem neuen Medienraum, in dem mehrsprachige Filme zur Mikwe bzw. zum Judenhof präsentiert werden, wurde eine interaktive Medienstation als weitere kleine Attraktion eingerichtet. 

  • Mittelalterliche Synagoge mit Frauenschule 

    Judenhof Speyer
    Ostwand der mittelalterlichen Synagoge. 

    Im 10. und 11. Jahrhundert siedelten erstmals seit der ausgehenden Antike wieder Juden und Jüdinnen am Rhein und begründeten so eine über tausendjährige Geschichte des Synagogenbaus in Deutschland. Die 1104 geweihte Speyerer Synagoge war ein romanischer Hallenbau mit einer Breite von etwa 10,5 Metern und 17,5 Metern Länge. Die Überreste der Synagoge gelten heute als ältester aufrechtstehender jüdischer Kultbau des Mittelalters.
    Verschiedene Bauelemente an den jüdischen Kultstätten sind in ähnlicher Form am Dom zu Speyer zu finden und legen die Beteiligung der Handwerker der Dombauhütte nahe. Für die Ansiedlung der Juden und Jüdinnen war ihre Tätigkeit im Handel ausschlaggebend, weshalb sie überwiegend auf dieses Berufsfeld festgelegt waren. Eine handwerkliche Tätigkeit konnten sie nur in Ausnahmen ausüben.
    Über die Innenausstattung der Synagoge wissen wir nur wenig. Aus einer Notiz in der rabbinischen Literatur erfahren wir, dass sie einen mit Steinplatten belegten Boden und verglaste Fenster besaß. Spuren der Fensterrahmung sind an den beiden Fenstern der Westwand erhalten.

    Judenhof Speyer
    Frauenschul mit umlaufender Sitzbank.

    In Deutschland entstanden zusätzlich zu den Männersynagogen auch solche für Frauen, die Frauenschul genannt werden. In den SchUM-Städten begann man mit dem 13. Jahrhundert Räume an die eigentliche Synagoge anzubauen. Diese waren teilweise, wie etwa in Worms und Speyer, über Schallöffnungen mit der Männersynagoge verbunden, sodass die Frauen am Geschehen teilhaben konnten. Die Existenz der Frauenschul lässt die Vermutung zu, dass Frauen innerhalb der jüdischen Gemeinde höher angesehen waren als allgemein angenommen. Abgesehen von den ornamental verzierten Bodenfließen war die Ausstattung eher schlicht gehalten und beschränkte sich auf eine den Raum vollständig umlaufende Sitzbank. 

    Das jüdische Gotteshaus wurde während des Pogroms von 1349 geschändet und 1354 mit einigen baulichen Veränderungen wieder in Stand gesetzt. Nach der Vertreibung der Juden und Jüdinnen im frühen 16. Jahrhundert, im Zusammenhang mit dem Umbau zum städtischen Zeughaus, hat man sie endgültig zerstört und den Boden dort mit einem groben Pflaster geschlossen. 

  • Ritualbad - Mikwe

    Judenhof Speyer
    Treppenabgang zur mittelalterlichen Mikwe. 

    Nahezu zeitgleich mit der Synagoge errichtete die Gemeinde das Ritualbad, die sogenannte Mikwe. Es befindet sich unweit der Mittelalterlichen Synagoge und ist die älteste Anlage ihrer Art nördlich der Alpen.

    Die Mikwe diente der rituellen Reinigung. Sie wurde hauptsächlich von Frauen nach der Geburt oder Menstruation und vor der Hochzeit genutzt. Gelegentlich gingen auch Männer in die Mikwe.

    Ein tonnengewölbtes Treppenhaus führt über einen Vorraum zum in zehn Metern Tiefe gelegenen quadratischen Badeschacht mit Kreuzgratgewölbe. Hier nahmen Gläubige die nach den mosaischen Gesetzen vorgeschriebene kultische Reinigung durch Untertauchen in „lebendes“, das heißt natürlich fließendes, Wasser vor. Über Treppen gelangte man hinab zum eigentlichen Badeschacht, dessen Wasserstand mit dem Grundwasser fiel oder stieg. Fließsand am Boden sorgte dafür, dass sich das Wasser regenerierte. Obwohl das Wasser sehr kalt war, verhinderte eine geringe Strömung das Zufrieren während der kalten Wintermonate.

    Die Mikwe ist mit reichen romanischen Ornamenten verziert, die im Mittelalter farbig gefasst waren. Eine zweiteilige Fensterzone öffnet den Blick in den Badeschacht.
    Zu ihrem Schutz ist die Anlage heute mit einer Glaskonstruktion überdacht.

  • Jeschiwa

    Heute nicht mehr zu sehen, aber in ihren Fundamenten noch erhalten und im Boden verborgen, ist die Jeschiwa. Die Jeschiwa ist eine Hochschule, in der sich Studierende vor allem dem Studium von Talmud und Tora widmen. 

    Judenhof Speyer
    Spuren der Jeschiwa an der Ostwand der Synagoge.

    In Speyer entstand die Bildungsstätte in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Anbau an die Ostwand des Synagogenhofs. Als solcher verdeutlicht die Jeschiwa die Wertschätzung religiösen Lernens und Lehrens im Judentum. Ihre Gestalt lässt sich heute noch an der Umfassungsmauer des Hofareals sowie an der Ostwand der Synagoge erahnen. 

  • Jüdischer Friedhof - Haus der Ewigkeit 

    Der Friedhof der jüdischen Gemeinde Speyers reicht zurück bis in das Jahr 1888. Das Bild zeigt das nordöstliche Gräberfeld.
    Der Friedhof der jüdischen Gemeinde Speyers reicht zurück bis in das Jahr 1888. Das Bild zeigt das nordöstliche Gräberfeld.

    Der Friedhof nimmt innerhalb der jüdischen Gemeinde eine zentrale Stellung ein - ohne ihn gilt eine jüdische Ansiedlung nicht als Gemeinde. Schon 1084 war den Juden und Jüdinnen von Bischof Rüdiger ein Areal nahe des heutigen Bahnhofs als Friedhof zugesprochen worden.  
    Entgegen der christlichen Tradition, in welcher Gräber nach Ablauf einer Ruhezeit eingeebnet werden können, sind jüdische Grabstätten für die Ewigkeit gedacht. Mit dem Verschwinden der jüdischen Gemeinde im 15. Jahrhundert, wurde der ursprüngliche Friedhof jedoch aufgelöst und Grabsteine teilweise als Baumaterial weiterverwendet. Einige von ihnen wurden zu späterer Zeit wiederentdeckt und sind heute im Museum SchPIRA zu sehen. 
    Mit dem 19. Jahrhundert kehrten langsam Juden und Jüdinnen zurück nach Speyer. Seit 1888 bestattet die israelitische Gemeinde Speyers ihre Toten auf dem jüdischen Friedhof an der Wormser Landstraße. 

Jüdisches Leben heute

Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen Bevölkerung stetig zu. Bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten*innen war Speyer erneut zu einem Zentrum jüdischer Kultur geworden. Mit der Zerstörung der Synagoge in der "Reichskristallnacht" fand das Leben der jüdischen Gemeinde ein jähes Ende. Gegenwärtig erinnern ein Mahnmal sowie Stolpersteine an ihr Schicksal. 
Erst in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts kamen durch Zuwanderung erneut Juden und Jüdinnen in die Stadt. Derzeit ist Speyer einer der Standorte der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz.  

  • Synagoge Beith-Shalom 

    Die neue Synagoge Beith-Shalom. 

    Die jüdische Gemeinde ist wieder sichtbar zurück im Speyerer Leben. Genau 73 Jahre nach der Zerstörung des alten Gotteshauses durch die Nationalsozialisten hat die traditionsreiche SchUM-Stadt Speyer eine neue Synagoge: Beith Shalom – Haus des Friedens.

    Der dreigeschossige Synagogenbau entstand unweit der Siedlungsstätte der ersten Speyerer Juden und Jüdinnen. Hierzu wurde die nicht mehr genutzte Klosterkirche St. Guido neugestaltet. Zunächst baute man das ursprüngliche Gebäude zurück, um dann den eigentlichen Sakralbau als Ellipse schräg auf das östliche Fundament setzen zu können. Zuvor musste allerdings noch ein neuer Unterbau geschaffen werden, denn der Vorgängerbau verfügte über einen unterkellerten, rechteckigen Altarraum.

    Speyer ist wie die beiden anderen SchUM-Städte Mainz und Worms ein für die Geschichte des Judentums außerordentlich bedeutsamer Ort. Mit der neuen Synagoge, die auch als Gemeindezentrum dient, ist jüdisches Leben wieder sichtbar zurück im Speyerer Leben.

  • Mahnmal für die jüdischen Opfer der Naziverfolgung 1933 - 1945 

    Mahnmal  

    An der Ecke Heller- /Karlsgasse steht das Mahnmal zum Gedenken an die jüdischen Opfer der Naziverfolgung. Es wurde von dem Speyerer Künstler, Wolf Spitzer, aus Basaltlava gefertigt und birgt in seinem Innern, ein Stück des Fußbodens der während der Reichspogromnacht zerstörten Synagoge.

    Das Mahnmal selbst hat eine lebendige Geschichte und ist über die Jahre hinweg in seine heutige Form quasi „hineingewachsen“. Es begann im Jahr 1978 mit einer Gedenktafel an der Westfassade des Kaufhofs. Während einer Gedenkveranstaltung zehn Jahre darauf entstand dann die Idee zur Errichtung einer Gedenkstätte. Am 9. November 1992 wurde der von Spitzer gefertigte Basaltlavakubus vor der Gedenktafel enthüllt. Einige Jahre darauf erfolgte die Versetzung an einen geeigneteren Ort. Außerdem ergänzte man eine Bronzetafel mit den Namen der Opfer und einen eisengeflochtenen Baldachin. Die vollendete Gedenkstätte konnte im Juli 2020 schließlich der Öffentlichkeit präsentiert werden. Sie steht im Zeichen des Erinnerns und des Grauens, aber auch für Liebe, Hoffnung und Toleranz.

    Eine ausführliche Broschüre zum Mahnmal ist zum Preis von 3,- Euro in der Tourist-Information, Maximilianstraße 13, erhältlich. 

  • Stolpersteine 

    STP_Ve Stolpersteine
    Stolpersteine in der Straße Im Lenhart 35 zum Gedenken an die Opfer Jakob und Emma Schultheis sowie Emma, Stanislaus und Ursula Matuszewski

    Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Er erinnert mit ihnen an Menschen, die während der NS-Zeit verfolgt, inhaftiert, deportiert, vertrieben, zum Selbstmord gezwungen oder ermordet wurden. Die Stolpersteine werden vor dem letzten selbstgewählten Wohnort der Verfolgten in den Bürgersteig eingelassen. Jeder Stein steht für einen Namen. Für einen Menschen.
    Mit mittlerweile über 70.000 verlegten Steinen in 1.265 Kommunen in Deutschland und 21 europäischen Ländern bilden die Stolpersteine das größte dezentrale Mahnmal der Welt. 

    Die Initiative "Stolpersteine für Speyer" möchte die Erinnerung an die vom NS-Regime verfolgten Speyerer BürgerInnen aufrecht erhalten. Ihre Namen und Schicksale sollen wieder sichtbar zurück in das Gedächtnis der Stadt gebracht werden.
    Wichtig ist den Initiatorinnen dabei das Gedenken an alle von den Nationalsozialisten Verfolgten - sowohl an Mitbürger*innen jüdischen Glaubens, aber auch an Widerstandskämpfende, an als "asozial" Gebrandmarkte, an homosexuelle Mitbürger*innen, an Opfer durch "Euthanasie", politisch verfolgte Mitbürger*innen und an weitere Verfolgte.