Vier Fragen an Kim-Britt Eigenberger


Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Ich war auf ein arbeitsintensives Jahr 2020 mit vielen Ausstellungen und Projekten vorbereitet. Da war so Vieles angeschoben, fertig geplant und bestätigt. Dann sind im Frühjahr gefühlt innerhalb weniger Tage sämtliche Termine abgesagt worden und es hat sich auch schnell gezeigt, dass verschobene Termine gänzlich storniert werden mussten. Ich war erstmal ratlos und fühlte mich leer und zeitgleich musste ich mich plötzlich völlig neuen Anforderungen im Alltag stellen. Der Wegfall von Präsentation, Austausch, Entdeckungen und Diskussionen im direkten Miteinander mit Kolleginnen und Kollegen, Betrachtern, Gästen und Freunden hat mich ein Stück weit gelähmt. Das hat mir auch nochmal besonders verdeutlicht, wie essentiell mein künstlerisches Schaffen nicht nur im eigentlichen Tun, sondern in allen dazugehörigen Facetten ist. Kunst ist für mich nicht nur Ventil und Ausdruck meiner Kreativität, sondern Kommunikation.
Dabei ist mir auch klargeworden, dass ich die Präsentation meiner Werke und diesen persönlichen Austausch nicht völlig ins Virtuelle verlegen konnte, sondern ich habe mich auf die Suche nach einem Ort gemacht, wo ich mein Schaffen und diese Kommunikation wieder leben kann. Im Sommer 2020 bin ich dann nach intensiver Suche über die leerstehenden Räume im Industriehof gestolpert. Da hat es Klick gemacht! Ich hatte plötzlich eine reale Vision von diesem zunächst unbestimmten Ort, der nun seinen Platz gefunden hatte. Dort habe ich mich dann mitten in der Krise in die Arbeit gestürzt und mir ein neues Atelier mit eigenen Galerieräumen renoviert und eingerichtet. Dabei sind das IndustriehofAtelier und die galerie171 entstanden. Im Advent 2020 konnte ich dort mit einem gut funktionierenden Hygienekonzept für kurze Zeit öffnen und aktuelle Arbeiten präsentieren. Das war ganz wunderbar! So habe ich es geschafft, wieder vom reinen Reagieren auf äußere Umstände ins selbstbestimmte Agieren zu finden. Es war wie ein Katapult raus aus der Perspektivlosigkeit. Für dieses Gefühl bin ich sehr dankbar, vielleicht sogar in meiner inneren Haltung und künstlerischen Position klarer als zuvor.
Auch jetzt zu Beginn des Jahres 2021 bin ich erneut durch das Homeschooling meiner beiden Töchter im Grundschulalter stark eingebunden. Die Zeitfenster, in denen ich den Impulsen für das kreative Schaffen Raum geben kann, sind aktuell wieder enorm begrenzt. Trotzdem blicke ich positiv voraus und sehe für mich eine Weiterentwicklung in den notwendigen Anpassungen. Ich möchte der Pandemie auch weiterhin mit positiven Momenten mutig begegnen.

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Ich habe im Frühjahr eine Unterstützung der Kulturabteilung meines Wohnortes Neustadt an der Weinstraße erhalten und im Dezember ein Projektstipendium aus dem Kulturhilfeprogramm der Landesregierung. Ich bin wirklich dankbar, dass es überhaupt etwas gibt. Ich weiß auch, dass viele Menschen finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen und dass es leider große Probleme bei der zielgerichteten Verteilung der Hilfen zu geben scheint, bzw. Unterstützungsmaßnahmen nicht greifen oder nicht bzw. verspätet ankommen.

Was glaubst Du, wie sich die derzeitige Situation auf die Zukunft für Kulturschaffende bzw. die Veranstaltungsbranche auswirkt?

Es zeigt sich auch in Kunst und Kultur eine drastische Beschleunigung hin zum Digitalen. Der Mensch ist glücklicherweise – und auch bedauerlicherweise! – wahnsinnig anpassungsfähig und gewöhnt sich unglaublich schnell an neue Umgebungsbedingungen. Was wir heute noch „die alte Normalität“ nennen, wird nicht unsere „neue Normalität“ sein. Ich bin sehr gespannt, wie dieser Umbruch mit all seinen Aspekten zukünftig einmal auch kunsthistorisch sichtbar sein wird.

Was erwartest Du von der Politik für die Zeit nach Corona?

Ich habe die Hoffnung, dass Politik die Relevanz von Kunst und Kultur noch sichtbarer macht und die Menschen eines Tages auch wieder ermutigen und ermuntern wird, Konzerte, Museen und Ausstellungen zu besuchen. Deshalb ist es umso wichtiger all diese vielfältigen Orte zu bewahren, um auch zukünftig reale Begegnungen und reales Erleben möglich machen zu können.


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