Vier Fragen an Marie Lischer


Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Im Alltag merke ich tatsächlich weniger Veränderung als zu Beginn der Pandemie befürchtet. Man bleibt mehr zuhause, verabredet sich mit Freunden zum Zoom- oder Skype-Meeting statt zum Kaffee in der Stadt. Alles in allem hat diese Zeit für mich privat auch viel von Entschleunigung. In meinem beruflichen Umfeld sieht das anders aus. Die erste Welle hat uns regelrecht überrollt, von heute auf morgen mussten wir alle Veranstaltungen absagen und plötzlich war einfach keine Arbeit mehr da. Mittlerweile hat sich das wieder geändert, wir sind mehr mit der Akquise verschiedener „Corona-Projektgelder“ beschäftigt als mit unseren eigentlichen Aufgaben. Hinzu kommt der viel höhere Verwaltungsaufwand mit Hygienekonzepten. Die Arbeit hat sich deutlich verändert.

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Für mich funktioniert das nur für das Kinder- und Jugendtheater als gemeinnütziger Verein und soziokulturelles Zentrum. Dadurch hatten wir die Möglichkeit, die Soforthilfe der ISB sowie einige Projektanträge für Corona bedingte Neuinvestitionen zu akquirieren. Für unsere Schauspieler funktioniert das leider gar nicht. Hilfspakete, wenn sie dafür überhaupt antragsberechtigt sind, sind für sie meist nur einen Tropfen auf den heißen Stein und decken bei Weitem nicht ihre monatlichen Fixkosten. Wir haben Schauspieler, die während der Pandemie sogar obdachlos geworden sind.

Was glaubst Du, wie sich die derzeitige Situation auf die Zukunft für Kulturschaffende bzw. die Veranstaltungsbranche auswirkt?

Gravierend. Schon die erste Welle haben viele Kulturschaffende nicht oder nur knapp überlebt. Spätestens die zweite Welle wird ihnen das Genick brechen. Ich glaube, wir werden in Deutschland in Zukunft eine weitaus ärmere Kulturlandschaft haben, als uns bisher bewusst ist. 

Was erwartest Du von der Politik für die Zeit nach Corona?

Klare Ansagen! Das erwarte ich aber auch schon jetzt. Föderalismus ist für mich in Zeiten einer Pandemie völlig unbrauchbar. Da müssen klare Linien seitens der Bundesregierung her. Für die Zeit nach Corona wünsche ich mir für die Veranstaltungsbranche wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Ich denke, knapp 130 Milliarden Euro Umsatz sprechen für sich.


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