Der Judenhof


Vorraum der Mikwe mit Fenstern zum Badeschacht, aufgenommen in den 1930er Jahre.



1084 ermöglichte Bischof Rüdiger die Ansiedlung der ersten Juden in der Nähe des Speyerer Doms.

Mittelpunkt der Siedlung war der Judenhof. Das kultische Zentrum beherbergte eine Männer- und Frauensynagoge sowie ein Rituelles Reinigungsbad, die Mikwe. Die Gemeindemitglieder, von Bischof und Kaiser mit Privilegien ausgestattet, waren vorrangig im Fernhandel und Bankwesen tätig. Die daraus folgenden weitreichenden wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zu jüdischen Niederlassungen in Europa und Asien, sorgten für die stetige Entwicklung einer wirtschaftlichen und geistigen Elite innerhalb der städtischen Bevölkerung.

Als Zentren der mitteleuropäischen jüdischen Kultur und Theologie im Mittelalter schlossen sich die jüdischen Gemeinden von Speyer, Mainz und Worms zu einem Bund zusammen, der als Autorität in rechtlichen und religiösen Fragen von Juden im ganzen Land anerkannt wurde. Nach den hebräischen Anfangsbuchstaben der Städte wurde dieser Bund „SchUM“ genannt. Zu dem Weltkulturerbe SchUM zählen die Grabsteine auf dem Denkmalfriedhof in Mainz, der jüdische Friedhof Heiliger Sand in Worms und der Judenhof mit Frauenschul, alter Synagoge und Mikwe in Speyer.

Ab 1100 begannen die Bauarbeiten an der Synagoge im Judenhof, 1104 folgt die Einweihung. Um 1250 wurde eine Frauenschul südlich der Synagoge ergänzt. Zur selben Zeit entstand auch die Mikwe, das rituelle Reinigungsbad, das erstmals 1126 in Texten erwähnt wird. Wiederaufbauten und Ergänzungen nach Zerstörungen in Folge von Pogromen während der Kreuzzüge, führten zu einer kontinuierlichen baulichen Veränderung des Gebietes. Zu diesen Ergänzungen zählen auch die Jeschiwa, ein Lehr- und Lernort aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, von dem heute noch ein Bodendenkmal erhalten ist und der Synagogenhof, der nördlich der Synagoge um 1200 gebaut wurde und als Versammlungsort diente.

Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde Mitte des 16. Jahrhunderts wurde der Judenhof zunächst als Zeughaus genutzt. Brände und Abrisse führten dann zu einem stetigen Zerfall. Aufgrund des teilweisen Erhalts der Umfassungsmauern ist die Speyerer Synagoge die am besten erhaltene Synagoge aus dem frühen 12. Jahrhundert in Europa und das früheste überlieferte Beispiel einer Synagoge ihrer Bauform (Saalbau). Auch die Mikwe gilt als eine der ältesten ihrer Art und hat daher eine besondere kulturhistorische Bedeutung.

Seit den 1960er Jahren wird der Judenhof archäologisch erschlossen und gesichert. Die Ergebnisse dieser Ausgrabungen werden in dem 2010 eröffnetem Museum SchPIRA am Eingang zum Judenhof dokumentiert.